Marco Buschmann (FDP), der amtierende Justizminister Deutschlands, kündigte Ende 2023 eine Novellierung des Strafrechts in einigen Teilen an. Besonders bedeutend und kontrovers diskutiert: Der Vorschlag, illegales Glücksspiel nicht mehr als Straftat, sondern künftig als Ordnungswidrigkeit einzustufen.
Buschmann bekommt für diese Idee nicht nur Lob, sondern auch einiges an Kritik. Es wird von unterschiedlichen Seiten über das Thema diskutiert, aber welche Bedeutung hätte die Entkriminalisierung eigentlich?
Illegales vs. legales Glücksspiel in Deutschland
Grundsätzlich ist Glücksspiel in Deutschland legal, sofern die Veranstalter über eine offizielle Lizenz des Landes verfügen. Das gilt nicht mehr nur für Spielbanken und konzessionierte Spielotheken, sondern seit dem 1. Juli 2021 auch für digitale Anbieter. So darf heutzutage ein online Casino mit deutscher Lizenz sein Angebot an deutsche Spieler unterbreiten. Voraussetzung hierfür ist, dass die geltenden Regeln des Glücksspielstaatsvertrags eingehalten werden.
Diese sehen unter anderem Maßnahmen für den Spielerschutz vor, aber auch Einschränkungen bei der Art der Spiele und der Höhe möglicher Einzahlungen. Als illegales Glücksspiel werden Angebote bezeichnet, die ohne Konzession und ohne staatliche Regulierung verfügbar sind.
Dabei handelt es sich insbesondere um nicht genehmigte Spielautomaten in Kneipen, aber auch um alle Arten von Glücksspiel, das der Öffentlichkeit unerlaubt angeboten wird. Bislang handelte es sich hierbei um eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft wurde. Geht es nach Buschmann, wird sich das künftig ändern.
So sehen die Reformpläne des Justizministers aus
Laut der bisher geschaffenen Pläne lässt sich kein Rechtsgut erkennen, um die Strafbarkeit für illegales Glücksspiel weiterhin aufrechtzuerhalten. In den bisherigen Plänen wird dahingehend argumentiert, dass die Ahnung entsprechender Verstöße mittlerweile in den Aufgabenbereich der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder fällt.
In § 28a des Glücksspielstaatsvertrags ist vorgesehen, dass illegale Glücksspiele als Ordnungswidrigkeit geahndet werden dürfen und sollen. Man betont, dass die Verfolgung strafbaren Verhaltens durch einen Wegfall des §§ 284 nicht unmöglich wäre. Die Manipulation eines Glücksspiels bleibt weiterhin als Betrug nach § 263 StGB strafbar, Steuerhinterziehung ebenfalls.
Die AFD als Opposition sieht hingegen viele Gefahren durch illegales Glücksspiel. Man betont, dass nicht nur der Spieler selbst gefährdet wird, sondern auch die Anbieter legaler Glücksspiele. Wächst der Schwarzmarktanteil weiter, gehen wertvolle Einnahmen verloren und das Geschäft wird nachhaltig geschädigt.
Laut AFD seien die Straftaten in Verbindung mit Glücksspiel deutlich angestiegen. Einen Grund sieht man seitens der Opposition darin, dass der stationäre Glücksspielmarkt überreguliert werde. Die Spieler werden aufgrund der harten Einschränkungen buchstäblich in illegale Märkte gedrängt.
Was spricht für Buschmanns geplante Veränderungen?
Schutzmaßnahmen und Glücksspielgesetze dienen in erster Linie dem Schutz der Verbraucher, aber auch der Regulierung des Marktes und der Sicherung von Steuereinnahmen. Nicht nur Marco Buschmann, sondern auch weitere Fürsprecher stehen einer Entkriminalisierung des Glücksspiels positiv gegenüber.
Es wird darauf verwiesen, dass illegales Glücksspiel nicht nur durch die §§ 284 ff. StGB geahndet werden kann, sondern auch durch weitere Teile des Strafgesetzbuches (Betrug, organisierte Kriminalität).
Wer sind die Gegner einer Entkriminalisierung?
Die Vorschläge des Justizministeriums stoßen nicht überall auf offene Ohren. Der Verband der Deutschen Automatenwirtschaft steht dem Vorstoß skeptisch gegenüber. Man ist sich der Entwicklung des Schwarzmarktes bewusst und sehe diese als bedrohlich an. Im Hinblick darauf sieht man ein falsches Signal in einer Lockerung der Gesetze.
Dieser Meinung ist auch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder, die seit Einführung des GlüStV. für das Glücksspiel in Deutschland verantwortlich ist. Man befürchte, dass eine Lockerung der Gesetze Regierungslücken mit sich bringen würde. Mit dem Deutschen Richterbund reiht sich ein weiteres wichtiges Organ in die Reihe der Kritiker ein.
Das Argument geht dahin, dass der illegale Glücksspielmarkt primär durch banden- und gewerbsmäßige Verbrechen geprägt sei. Einen ganzen Paragrafen zu streichen, der unter anderem diese Verbrechen unter Strafe stellt, sehe man als kritisch an. Starken Gegenwind gibt es dann auch noch von der Gewerkschaft der Polizei. Hier sieht man sich der verfügbaren Mittel im Kampf gegen illegale Glücksspiele beraubt.
Bereits jetzt habe die Polizei nur wenig Handhabe, die durch illegales Glücksspiel entstehende Begleitkriminalität zu ahnden. So habe die Polizei beispielsweise nicht das Recht, Telefone bei Verdachtsfällen abzuhören. Käme es nun zu einer weiteren Einschränkung der Gesetze, könnte die Dunkelziffer laut Gewerkschaft der Polizei weiter ansteigen.
Marco Buschmann bleibt seinem Standpunkt treu
Für Buschmann sind die Gegenargumente zwar interessant, verändern aber seinen Blick auf die Sache nicht. Der Justizminister ist der Ansicht, dass trotz seines neuen Modells eine strafrechtliche Verfolgung weiterhin möglich sei. Illegales Glücksspiel als solches gehe häufig mit weiteren Straftaten einher, darunter Steuerhinterziehung und Geldwäsche.
Beide Delikte können auch nach einer Entkriminalisierung weiterhin juristisch geahndet werden. Hinzu kommen Ordnungsstrafen, die bei einer Einstufung als Ordnungswidrigkeit regelmäßig zu entrichten sei. Buschmanns wichtigstes Anliegen sei nicht die Entkriminalisierung von Anbietern, sondern von Spielern. Teilnehmer an illegalen Angeboten machen sich nach den jetzigen Gesetzen ebenso strafbar wie die Anbieter.
Das könnte zur Folge haben, dass Spieler nicht bereit sind, Ermittlungen der Polizei hilfreich zu unterstützen. Man erhofft sich somit scheinbar, dass der Spieler zur Schlüsselrolle bei Ermittlungen gegen die eigentlichen Drahtzieher werden könnte. Die Wahrscheinlichkeit scheint unter dem Blickwinkel gering, dass der Spieler sich bei wahrheitsgemäßer Aussage selbst einer Straftat bezichtigen würde.
Diskussionen haben gerade erst begonnen, eine Novellierung ist noch nicht absehbar
Stand Mai 2024 ist es nicht absehbar, ob die geplante Veränderung tatsächlich in Kraft treten wird. Derzeit laufen die Diskussionen auf Hochtouren, auf Argumente folgen Gegenargumente, Streits werden hitzig. Es erscheint im Hinblick auf die Tragweite der Entkriminalisierung sinnvoll, wenn sich Vertreter aller Parteien zu einer produktiven Diskussion am Tisch zusammenfinden.
Dabei sollte das wichtigste Ziel darin bestehen, den Spieler zu schützen. Diesbezüglich scheint man sich bereits einig zu sein. Spieler sollen künftig nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie sich an illegalen Glücksspielen beteiligen. Ob das die Aussagebereitschaft steigert und Drahtzieher damit tatsächlich schneller gefasst werden, wird sich erst im praktischen Alltag zeigen.
Vielleicht wäre es sinnvoll, im Zuge der Entkriminalisierung auch noch einmal auf den Glücksspielstaatsvertrag zu blicken. Wie viel Wahrheit liegt in der Argumentation, dass eine Überregulierung die Abwanderungen zum Schwarzmarkt zur Folge haben könnte? Spieler haben hier in Deutschland beispielsweise keine legale Möglichkeit, im Internet Roulette oder Blackjack zu spielen.
Es könnte hilfreich sein, die Auswirkungen dieser Restriktionen zu prüfen und bei einer Entkriminalisierung des illegalen Angebots gleichzeitig ein verbessertes legales Angebot zu unterbreiten.
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