Interview mit Dr. Berndt Schlemann über die rechtlichen Besonderheiten für junge Medizinerinnen und Mediziner
„Patchwork ist Realität – auch im Arztberuf“, sagt Dr. Berndt Schlemann. „Viele junge Medizinerinnen, Ärzte und Studierende leben heute in familiären Konstellationen jenseits des klassischen Modells.“
Doch was bedeutet das für die Absicherung über eine private Krankenversicherung (PKV)? Welche Besonderheiten gelten, wenn Kinder aus verschiedenen Partnerschaften dazugehören? Und wie unterscheiden sich die Rechte und Pflichten im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)?
„Genau hier entstehen oft Unsicherheiten“, erklärt Schlemann. „Viele wissen gar nicht, was rechtlich möglich ist – und was eben nicht.“
Herr Dr. Schlemann, was sind die größten Missverständnisse bei der PKV für Patchwork-Familien?
Schlemann: „Viele denken, dass Kinder automatisch mitversichert sind, wenn ein Elternteil privat krankenversichert ist. Das stimmt aber nicht. In der privaten Krankenversicherung benötigt jede versicherte Person einen eigenen Vertrag – auch Kinder.“
Besonders in Patchwork-Konstellationen mit mehreren Kindern aus verschiedenen Beziehungen, so Schlemann weiter, „führt das schnell zu Unsicherheiten.“
Was entscheidet, ob ein Kind privat versichert werden kann oder muss?
„Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle“, erklärt Schlemann. „Wer ist sorgeberechtigt? Bei wem lebt das Kind überwiegend? Wie hoch ist das Einkommen der Eltern?“
Wenn ein privatversicherter Elternteil das höhere Einkommen hat und das Kind bei ihm wohnt, so Schlemann, „ist eine gesetzliche Mitversicherung häufig ausgeschlossen. Dann braucht das Kind einen eigenen PKV-Vertrag – mit Gesundheitsprüfung und Beitrag.“
Gerade in diesen Konstellationen, betont er, „bietet die private Krankenversicherung Familie sinnvolle Lösungen, wenn die Absicherung frühzeitig geplant wird.“
Wie unterscheidet sich das rechtlich von klassischen Familien?
„In klassischen Familien ist die Situation meist übersichtlicher“, erklärt Schlemann. „Bei verheirateten Eltern mit gleichem Versicherungsstatus ist klar, ob gesetzlich oder privat versichert wird.“
In Patchwork-Familien hingegen, so Schlemann weiter, „gelten differenzierte Regelungen – je nachdem, ob es sich um leibliche Kinder, Stiefkinder oder Adoptivkinder handelt. Die PKV prüft genau, ob eine rechtliche Verpflichtung zur Versorgung besteht.“
Gibt es Unterschiede bei verheirateten und unverheirateten Paaren?
„Ja, definitiv“, sagt Schlemann. „In der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es eine kostenfreie Familienversicherung für Ehepartner und Kinder – aber nur, wenn bestimmte Einkommensgrenzen eingehalten werden.“
In der PKV hingegen, so ergänzt er, „spielt der Ehestatus keine Rolle: Jedes Familienmitglied braucht seinen eigenen Vertrag. Unverheiratete Eltern mit gemeinsamer Obsorge stehen daher oft vor zusätzlichen Herausforderungen.“
Welche Rolle spielt die Haushaltsführung?
„Eine zentrale“, betont Schlemann. „Wer mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt und unterhaltspflichtig ist, trägt die Verantwortung für den Versicherungsschutz.“
Gerade bei Stiefkindern komme es darauf an, „ob der betreuende Elternteil privat versichert ist und in welchem Umfang der neue Partner sich an der Versorgung beteiligt. Ohne klare rechtliche Grundlage lehnt der Versicherer die Aufnahme oft ab.“
Was bedeutet das konkret für eine junge Ärztin mit einem Kind aus einer früheren Beziehung?
„Wenn sie privat versichert ist und das Kind bei ihr lebt, muss sie es ebenfalls privat versichern“, so Schlemann. „Ist der leibliche Vater gesetzlich versichert, ändert das nichts.“
Der Versicherer, sagt er, „verlangt in der Regel Geburtsurkunde, Nachweise über das Sorgerecht und manchmal auch den Unterhalt. Je nach Tarif und Gesundheitszustand kann das zu erheblichen Kosten führen.“
Und was passiert bei einer neuen Heirat mit weiteren Kindern?
„Dann kommt es auf die rechtliche Beziehung zu den neuen Kindern an“, erklärt Schlemann. „Gibt es eine Adoption oder eine rechtlich anerkannte Stiefkindregelung? Lebt das Kind dauerhaft im gemeinsamen Haushalt?“
Je nachdem, so Schlemann, „kann das neue Kind privat mitversichert werden – oder eben nicht. Auch hier ist die individuelle Prüfung entscheidend.“
Was ist bei Trennung oder Scheidung zu beachten?
„Ganz wichtig: Bei einer Trennung bleibt der Versicherungsschutz des Kindes bestehen – allerdings kann sich der verantwortliche Versicherungsnehmer ändern“, sagt Schlemann.
„Lebt das Kind künftig beim gesetzlich versicherten Elternteil, kann unter Umständen ein Wechsel zurück in die GKV erfolgen. Aber das ist kein Automatismus – es muss aktiv beantragt werden.“
Welche rechtlichen Dokumente müssen Medizinerinnen und Mediziner vorlegen?
„In der Regel verlangt der Versicherer: Geburtsurkunde des Kindes, Nachweis über das Sorgerecht, Meldebescheinigung und eventuell Unterhaltsvereinbarungen“, so Schlemann.
Bei Stiefkindern seien zusätzlich Nachweise zur Haushaltsführung nötig. „Diese Unterlagen müssen vollständig und aktuell sein, sonst verzögert sich der Versicherungsbeginn.“
Was raten Sie jungen Ärzten und Ärztinnen in Patchwork-Familien?
„Frühzeitig informieren und nicht davon ausgehen, dass sich alles von selbst regelt“, rät Schlemann. „Wer privat versichert ist oder wechseln möchte, sollte vorher genau prüfen, wie sich die Familiensituation auswirkt.“
Besonders bei Kindern aus früheren Beziehungen, so Schlemann, „ist ein strukturierter Finanzcheck wichtig. Sonst drohen Versorgungslücken oder unnötige Mehrkosten.“
„Private Krankenversicherung in Patchwork-Familien ist rechtlich komplex. Besonders für Ärztinnen und Ärzte, die hohe Ansprüche an Versorgung und Planung haben, ist es wichtig, nichts dem Zufall zu überlassen. Klare Informationen, saubere Verträge und kompetente Beratung sind der Schlüssel.“
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