Die Europäische Union hat durch die Aufsetzung des Vertrags von Lissabon einen neuen rechtlichen Rahmen bekommen. Bestehende Verträge wurden verändert. Hauptziel ist, dass die EU transparenter, demokratischer, entscheidungsfähiger und bürgernäher wird. Rechtlich gleichgesetzt ist dem Vertrag die europäische Grundrechtecharta, welche für alle Mitgliedsstaaten rechtlich bindend ist.
Aufsetzung und Inhalte des Vertrags von Lissabon
Der Vertrag von Lissabon ist das Ergebnis eines langjährigen Prozesses, der bereits 2001 mit dem Vertrag von Nizza startete. Er wurde 2007 unter portugiesischer Ratspräsidentschaft in Lissabon unterzeichnet. Zwei Referenden zum Verfassungsvertrag über die Europäische Union fanden zuvor einen negativen Ausgang, wurden also von einer Mehrheit der Bevölkerung in Frankreich und den Niederlanden abgelehnt. Im Vertrag von Lissabon fanden der EU-Vertrag und der ältere EG-Vertrag schließlich eine akzeptable Fortsetzung. Europäische Union und Europäische Gemeinschaft wurden durch den Vertrag von Lissabon rechtlich fusioniert. Zudem wurde in ihm eine stärkere Beteiligung der einzelnen Mitgliedsstaaten festgeschrieben. In polizeilichen und justiziellen Fragen einigten sich die Mitgliedsstaaten dagegen auf eine engere Kooperation. Auch die Außen- und Sicherheitspolitik soll im Zug des Vertrags weiter intensiviert werden. Erstmals erfolgte die Regelung eines EU-Austritts wie er später mit dem Brexit tatsächlich geschehen sollte. Neu war auch das Amt eines Präsidenten des Europäischen Rates oder kurz EU-Ratspräsident. Derzeit (Februar 2023) wird dieser Posten vom Belgier Charles Michel ausgeführt. Seine zweite Amtszeit läuft noch bis zum 30. November 2024. Schließlich erhält die Europäische Union durch den Vertrag von Lissabon eine eigene Rechtspersönlichkeit, die ihr gestattet, internationale Verträge zu unterzeichnen und internationalen Organisationen beizutreten.
Ratifizierungsprozess
Mehrere EU-Staaten stimmten über den Vertrag von Lissabon ab. Auch in Frankreich, wo der EU-Verfassungsvertrag zuvor bei einem Referendum gescheitert war, erfolgte die Ratifizierung im Jahr 2008. Wenige Monate später folgten die Niederlande. Sogar Polen akzeptierte den neuen Vertrag nach einem Kompromiss im Sejm, dem polnischen Parlament. In Österreich wurde die Ratifizierung von schweren Protesten begleitet, die ein Referendum über den Vertrag von Lissabon forderten. Genauso wurde der Vertrag in Deutschland und dem Vereinigten Königreich angenommen. Rege Diskussionen entstanden, nachdem Irland den Vertrag von Lissabon in einem vorgeschriebenen Referendum ablehnte. In allen anderen 26 Mitgliedsstatten zeichneten die nationalen Parlamente verantwortlich für die Ratifikation. Zum 1. Dezember 2009 konnte der Vertrag von Lissabon schließlich aber in Kraft treten.
Die Rolle der Europäischen Institutionen
Genau genommen besteht der Vertrag von Lissabon aus zwei Teilen, nämlich dem Vertag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Der zweite Teil bezieht sich auf die Handlungsfähigkeit der europäischen Institutionen in einem sich wandelnden globalen Umfeld. Die Stimme der Bürger und Bürgerinnen Europas soll mehr Gewicht bekommen, vertreten durch die Abgeordneten des EU-Parlaments in Straßburg. Europäisches Parlament und Europäischer Rat entscheiden fortan gemeinsam über europäische Gesetze. Dem Europäischen Parlament steht der Parlamentspräsident vor. Auch beim Haushaltsrecht hat das EU-Parlament mehr Mitsprache bekommen. Zudem wurden durch den Vertag von Lissabon europäische Bürgerbegehren eingeführt. Das Amt des Kommissionspräsidenten wurde im Zuge des Vertrags von Lissabon weiter aufgewertet. Daneben gibt es seither eine Art EU-Außenminister, genauer den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik als Stimme Europas in der Welt.
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