Jede dritte Erbschaft in Deutschland beinhaltet heute eine Immobilie – doch nur die wenigsten Erben wissen, was das konkret für sie bedeutet. Ein Haus zu erben klingt zunächst wie ein Gewinn. Doch oft entpuppt sich das geerbte Elternhaus als juristisches Minenfeld: offene Kredite, ungeklärte Eigentumsverhältnisse, Sanierungsstau. Wer jetzt nicht genau hinsieht, verliert schnell Geld, Zeit und Nerven. Was tun, wenn man plötzlich Miteigentümer ist? Und wie trennt man Familie und Finanzen, ohne den Hausfrieden gleich mit zu vererben?
Wenn das Haus zum Streitfall wird: Der Erbfall als juristische Zeitbombe
Die Nachricht kam per Einschreiben: „Sie sind als Erbe in die Erbfolge eingetreten.“ Was sich auf dem Papier klar liest, bringt in der Realität oft Chaos mit sich. Denn Immobilien lassen sich nicht so leicht teilen wie Bargeld. Ein geerbtes Haus wird schnell zum Zentrum familiärer Spannungen – besonders wenn es mehrere Erben gibt und keine klare Regelung vorliegt. Wer wohnt drin? Wer zahlt was? Und darf jemand verkaufen, ohne dass die anderen zustimmen? Die Antwort lautet: Es kommt drauf an – auf den Einzelfall und vor allem auf das, was der Verstorbene hinterlassen hat.
Ein handschriftliches Testament ohne Notar kann leicht zu Missverständnissen führen. Fehlt sogar ein Testament, greift die gesetzliche Erbfolge – und mit ihr oft die Erbengemeinschaft. Die klingt harmlos, ist aber ein komplexes rechtliches Konstrukt, das schnell zur Zwangsgemeinschaft werden kann. In dieser Konstellation müssen alle Entscheidungen einstimmig getroffen werden. Kein Wunder, dass hier viele Erbstreitigkeiten entstehen – oft aus Unwissenheit oder falschem Stolz. Wer frühzeitig einen Anwalt für Erbrecht einschaltet, verhindert nicht nur juristische Fehler, sondern oft auch familiäre Brüche.
Der Teufel liegt im Grundbuch: Diese Formalitäten übersehen viele
Der erste Fehler passiert oft schon, bevor überhaupt etwas entschieden wurde: Viele Erben kümmern sich zu spät um die Umschreibung im Grundbuch. Doch genau das ist essenziell. Ohne Grundbuchänderung gibt es keine Rechtssicherheit – weder für spätere Verkäufe noch für finanzielle Entscheidungen rund ums Haus. Innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall ist die Umschreibung beim zuständigen Amtsgericht in der Regel kostenfrei. Danach können Gebühren entstehen, die sich unnötig summieren.
Was vielen ebenfalls nicht bewusst ist: Auch Lasten und Hypotheken gehen mit dem Erbe über. Wer das Haus übernimmt, übernimmt automatisch auch offene Schulden, Grunddienstbarkeiten oder Wegerechte. Hier lohnt sich ein detaillierter Blick ins Grundbuch – und zwar nicht erst beim Notar, sondern vorher, am besten gemeinsam mit einem erfahrenen Immobilienjuristen. Auch die notarielle Nachlassauseinandersetzung sollte in komplexen Fällen frühzeitig angegangen werden.
Erbengemeinschaften richtig auflösen: Kooperation statt Konfrontation
Das klingt zunächst nach Harmonie: Mehrere Geschwister erben gemeinsam ein Elternhaus. Die Realität sieht oft anders aus. Wenn drei Menschen unterschiedliche Vorstellungen von Nutzung, Verkauf oder Renovierung haben, ist Streit vorprogrammiert. In der sogenannten Erbengemeinschaft müssen alle Entscheidungen gemeinsam getroffen werden – vom Dachausbau bis zur Ölrechnung. Gibt es keinen Konsens, kommt es zum Stillstand – oder zur Teilungsversteigerung. Letztere bedeutet: Das Haus kommt unter den Hammer, oft unter Marktwert.
Doch es geht auch anders. Wer professionell moderiert, kann eine Einigung erzielen – etwa durch Auszahlung eines Miterben, Aufteilung in Wohnungseigentum oder Verkauf mit anschließender Verteilung des Erlöses. Wichtig ist, dass die Kommunikation transparent bleibt. Verträge untereinander, klare Fristen und eine saubere Dokumentation helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Auch die steuerliche Betrachtung sollte nicht fehlen – etwa, wenn eine Ausgleichszahlung als Schenkung gewertet werden könnte.
Steuerfalle Erbe: Wie das Finanzamt mitverdient
Ein geerbtes Haus ist nicht automatisch steuerfrei. Zwar gibt es Freibeträge – 400.000 Euro pro Kind, 500.000 Euro für Ehepartner – doch diese können bei aktuellen Immobilienwerten schnell überschritten werden. Besonders in Großstädten oder Ballungsräumen ist das keine Seltenheit. Die Folge: Erbschaftssteuer. Und die kann empfindlich hoch ausfallen, wenn der Verkehrswert des Hauses nicht überprüft wird.
Das Problem: Das Finanzamt bewertet nach dem sogenannten Bedarfswertverfahren – dieser Wert liegt oft deutlich über dem Marktpreis. Wer hier nicht widerspricht, zahlt unter Umständen tausende Euro zu viel. Eine fundierte Immobilienbewertung durch einen zertifizierten Sachverständigen kann helfen, den realen Marktwert glaubhaft zu belegen und die Steuerlast zu senken. Wichtig: Der Einspruch gegen den Steuerbescheid muss binnen eines Monats erfolgen.
Freibeträge richtig nutzen
Auch innerhalb der Familie lassen sich Steuern sparen – etwa durch gezielte Schenkungen zu Lebzeiten oder die Eintragung von Wohnrechten. Wer plant, kann Freibeträge mehrfach nutzen: Alle zehn Jahre dürfen Eltern ihren Kindern erneut 400.000 Euro steuerfrei übertragen. Wer früh beginnt, verhindert hohe Steuerbelastungen im Erbfall. Das gilt auch für Sonderregelungen bei selbstgenutztem Wohnraum: Wird das geerbte Haus vom Kind innerhalb von sechs Monaten bezogen und mindestens zehn Jahre selbst bewohnt, bleibt es steuerfrei – unabhängig vom Wert.