Zeitarbeit ist heute ein fester Bestandteil des deutschen Arbeitsmarktes. Unternehmen nutzen sie, um flexibel auf Auftragslagen zu reagieren, während Arbeitnehmer dadurch Chancen auf Beschäftigung, Qualifizierung und berufliche Neuorientierung erhalten. Doch obwohl Zeitarbeit vielen bekannt ist, sind die rechtlichen Grundlagen oft unklar oder missverstanden. Wer in der Zeitarbeit tätig ist oder darüber nachdenkt, sollte wissen, welche Rechte und Pflichten damit verbunden sind.
Ein guter Überblick über Zeitarbeit und die Vorteile hilft dabei, das Modell realistisch einzuordnen – sowohl aus Sicht der Arbeitnehmer als auch der Unternehmen.
1. Was ist Zeitarbeit und wie funktioniert sie rechtlich?
Zeitarbeit – auch Leiharbeit genannt – ist ein Beschäftigungsmodell, bei dem Arbeitnehmer nicht direkt bei dem Unternehmen arbeiten, das sie einsetzt. Stattdessen sind sie bei einem Personaldienstleister, also einem Zeitarbeitsunternehmen, angestellt. Dieses verleiht sie für bestimmte Zeiträume an Einsatzbetriebe.
Rechtlich gesehen handelt es sich um ein sogenanntes Dreiecksverhältnis:
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Arbeitnehmer: schließt einen Arbeitsvertrag mit dem Zeitarbeitsunternehmen.
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Zeitarbeitsunternehmen: ist der eigentliche Arbeitgeber und organisiert die Überlassung.
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Einsatzbetrieb: ist das Unternehmen, bei dem der Mitarbeiter tatsächlich arbeitet.
Die rechtliche Grundlage für dieses Modell bildet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Es regelt unter anderem, wie lange eine Überlassung dauern darf, welche Bedingungen für Lohn und Arbeitszeit gelten und welche Schutzrechte Arbeitnehmer haben.
2. Der Arbeitsvertrag in der Zeitarbeit: Was steht drin?
Der Arbeitsvertrag wird zwischen dem Arbeitnehmer und dem Zeitarbeitsunternehmen geschlossen – unabhängig davon, wo der Mitarbeiter eingesetzt wird. Das heißt: Der Personaldienstleister ist der offizielle Arbeitgeber.
Im Arbeitsvertrag müssen unter anderem folgende Punkte geregelt sein:
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Dauer des Beschäftigungsverhältnisses (befristet oder unbefristet)
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Arbeitszeit
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Einsatzort(e)
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Vergütung
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Kündigungsfristen
Zeitarbeitnehmer haben Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlten Urlaub und Sozialversicherungspflicht – genau wie reguläre Arbeitnehmer. Auch die Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung übernimmt das Zeitarbeitsunternehmen.
3. Equal Pay: Gleicher Lohn nach neun Monaten
Ein zentrales Element des AÜG ist der Grundsatz „Equal Pay“. Dieser besagt, dass Zeitarbeitnehmer nach spätestens neun Monaten ununterbrochener Beschäftigung im gleichen Einsatzbetrieb das gleiche Entgelt erhalten müssen wie vergleichbare Festangestellte des Kundenunternehmens.
Diese Regelung soll Lohndumping vermeiden und faire Arbeitsbedingungen fördern. Allerdings gibt es eine wichtige Ausnahme: Wird das Arbeitsverhältnis nach einem speziellen Tarifvertrag für Zeitarbeit gestaltet, kann der Equal-Pay-Anspruch unter bestimmten Voraussetzungen verzögert oder angepasst werden.
Solche Tarifverträge schließen Zeitarbeitsunternehmen typischerweise mit den Gewerkschaften iGZ oder BAP. In ihnen sind Mindestentgelte, Zuschläge und Stufenregelungen enthalten, die mit wachsender Betriebszugehörigkeit steigen.
4. Höchstüberlassungsdauer: Wie lange darf ich im gleichen Betrieb bleiben?
Ein weiteres zentrales rechtliches Element ist die sogenannte Höchstüberlassungsdauer. Sie beträgt seit der AÜG-Reform im Jahr 2017 maximal 18 Monate für denselben Zeitarbeitnehmer im selben Einsatzbetrieb – ununterbrochen.
Wird diese Zeit überschritten, muss entweder eine Übernahme durch den Einsatzbetrieb erfolgen oder eine Unterbrechung des Einsatzes für mindestens drei Monate stattfinden. Ziel dieser Regelung ist es, eine dauerhafte „verdeckte Festanstellung“ über Zeitarbeit zu verhindern.
Für Unternehmen bedeutet das, dass sie rechtzeitig planen und mögliche Anschlusslösungen organisieren müssen.
5. Arbeitsbedingungen: Welche Rechte haben Zeitarbeitnehmer?
Auch wenn der Arbeitsplatz temporär ist – die Rechte der Zeitarbeitnehmer sind gesetzlich geschützt. Dazu gehören unter anderem:
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Arbeitsschutz: Der Einsatzbetrieb ist verpflichtet, für Arbeitssicherheit zu sorgen. Dazu gehört die Einweisung in Maschinen, Schutzkleidung und Sicherheitsvorschriften.
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Informationsrechte: Zeitarbeitnehmer müssen vor Beginn des Einsatzes über die Art der Tätigkeit, die Arbeitsbedingungen und den Einsatzort informiert werden.
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Zugang zu Gemeinschaftseinrichtungen: Kantinen, Pausenräume oder Parkplätze müssen Zeitarbeitnehmern ebenso offenstehen wie fest angestellten Mitarbeitern.
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Kündigungsschutz: Auch bei Zeitarbeitsverhältnissen gelten gesetzliche Kündigungsfristen und Schutzrechte, etwa bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung.
Zeitarbeit ist also kein rechtsfreier Raum – im Gegenteil: Es gelten alle zentralen arbeitsrechtlichen Vorschriften.
6. Zeitarbeit in der Praxis: Zwischen Flexibilität und Kritik
Zeitarbeit kann eine echte Chance sein – etwa für Berufseinsteiger, Rückkehrer, Quereinsteiger oder Menschen mit Lücken im Lebenslauf. Viele nutzen diese Beschäftigungsform, um erste Berufserfahrung zu sammeln, sich auszuprobieren oder gezielt in bestimmte Branchen hineinzukommen.
Auch Unternehmen profitieren: Sie können flexibel auf Personalbedarf reagieren, saisonale Schwankungen ausgleichen oder Fachkräfte kurzfristig einsetzen.
Trotzdem gibt es Kritik: Manche Zeitarbeitsverhältnisse sind schlecht bezahlt, bieten wenig Sicherheit oder erschweren langfristige Karriereplanung. Auch der Wechsel zwischen verschiedenen Einsatzbetrieben kann psychisch belastend sein.
Umso wichtiger ist es, sich über Rechte und Pflichten umfassend zu informieren.
Ein hilfreicher Überblick findet sich hier: Weitere Informationen zur Zeitarbeit finden Sie hier
Fazit: Wer seine Rechte kennt, nutzt die Chancen der Zeitarbeit besser
Zeitarbeit ist rechtlich klar geregelt – durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, durch Tarifverträge und durch arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen. Wer sich auf ein solches Arbeitsverhältnis einlässt, sollte sich mit den wichtigsten Regeln vertraut machen.
Fairer Lohn, Sicherheit und Transparenz sind keine freiwilligen Angebote, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Für viele Arbeitnehmer ist Zeitarbeit ein guter Startpunkt – sei es für den Wiedereinstieg, den Branchenwechsel oder den Weg zur Festanstellung.
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